Der Fußball darf nicht zum Spielball populistischer Innenpolitik werden!
Am 18. Oktober 2024 verkündeten deutsche Innenpolitiker und Fußballverbände weitreichende Maßnahmen gegenüber Fußballfans. Andy Grote (SPD) ließ sogar in einer Pressemitteilung verlautbaren, das Spitzengespräch ginge auf einen Beschluss der Sportministerkonferenz unter Initiative Hamburgs zurück.
Doch was fehlte, waren sowohl die Fanvertretungen als auch die angeblich steigende Gewalt. Statt eines offenen Diskurses unter allen Beteiligten folgt jetzt ein Angriff auf die mitbestimmte Fußballkultur – verbunden mit einem Maßnahmenplan ohne jegliche Notwendigkeit, denn die Gewalt in und um Stadien ist rückläufig. Das zeigen nicht zuletzt die polizeilichen Zahlen selbst. Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) verkündete für die abgelaufene Saison einen Rückgang der eingeleiteten Ermittlungsverfahren um 22%, der verletzten Personen um 17% und 9% bei den polizeilichen Einsatzstunden – bei einem zeitgleichen Publikumsanstieg um 3 Mio Fans. Fakt ist: Die Stadien sind sicher!
Doch worum geht es genau?
Neben einer Diskussion um personalisierte Tickets und KI-Gesichtserkennung in den Stadien sollen die Stadionverbotsrichtlinien maßgeblich verschärft werden, bis hin zum absoluten Gießkannenprinzip. Das heißt, zukünftig wird ein Stadionverbot bereits dann zwingend ausgesprochen, wenn die Polizei Ermittlungen einleitet. Selbst wenn das Verfahren eingestellt wird, soll das Stadionverbot bestehen bleiben und zwar mindestens für drei Monate. Das bisher etablierte und oftmals auch erfolgreiche Konzept sowie die Unschuldsvermutung werden somit gänzlich abgeschafft! Zudem kann ein Stadionverbot nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Eine verhältnismäßige Entscheidung im Einzelfall wird damit unmöglich. Das Ganze wird gerade in Hinterzimmern verhandelt – ohne eine Öffentlichkeit, ohne einen Zugang.
Die Folgen? Das sagt die Braun-Weisse Hilfe:
„Die Folgen für Fußballfans und eine freie Fankultur wären geradezu fatal! Hier droht die Abschaffung rechtsstaatlicher Prinzipien. Angefangen mit einer Beweislastumkehr, bis hin zur de-facto-Abschaffung des Prinzips der Unschuldsvermutung. Grundrechtseinschränkungen, die wohl in kaum einem anderen Bereich politisch vermittelbar wären, werden hier durchgesetzt. Und wie so oft dient das Feindbild Fußballfan als Testobjekt, bevor solche Maßnahmen auch in anderen Bereichen Anwendung finden – etwa biometrische Überwachungstechnologien. Wir sagen: Es reicht! Diese Pläne müssen gestoppt werden!“
Die Folgen? Das sagt der Fanladen:
„Was macht die Erfahrung, dass es auf das eigene Verhalten nicht zentral ankommt, mit Menschen? Wir sind überzeugt: Ohnmachtserfahrungen zu vermitteln ist zentraler Bestandteil des Versuchs autoritärer Zurichtung und das Gegenteil aufgeklärter Erziehung zur Mündigkeit! Was für ein Bild von Prävention steckt hinter diesen Maßnahmen, die im Umgang mit überwiegend jungen Menschen nicht von Verantwortungsübernahme und Reflexion eigenen Verhaltens ausgehen, sondern sie zum Sicherheitsrisiko abstempeln?“
Die Folgen? Das sagt der Fanclubsprecher*innenrat:
„So Mancher wird nun denken, was betrifft es mich, bin ja kein Ultra. Das ist ein großer Trugschluss, es wird uns alle treffen. Auf Aufnahmen erkennbar während einer Choreo in unmittelbarer Nachbarschaft gestanden zu haben oder im selben Zug zu sitzen, wie Menschen, die das Polizeiinteresse geweckt haben, kann einem ein Ermittlungsverfahren und ein Stadionverbot einhandeln. Diese Form der Sippenhaft hat direkte Auswirkungen auf die gesamte Fußball-Fankultur, jegliche aktive Fanszene, jeden Fanclub und jeden Fan – egal welchen Vereins.“
Die Folgen? Das sagt Ultrà Sankt Pauli:
„Die bunte, laute und kreative Fankultur, die wir seit Jahrzehnten als Fanszene hochhalten, und die die Grundlage unsers Vereins und seiner Besonderheit ist, ist mit den aktuell geplanten Maßnahmen so massiv gefährdet wie nie zuvor. Populistische Forderungen aus der Politik, die ohne Kenntnisse der Fußballfankultur und nur zum Zweck der Wiederwahl angegangen werden, zerstören unser aller Idee von Fußball und solidarischer Gemeinschaft. Kollektive Strafen, personalisierte Tickets und Stadionverbote ohne abgeschlossenes Verfahren würden dazu führen, dass die Kurven in wenigen Jahren verstummen, grau und seelenlos wie in England sind – und das betrifft uns alle.“
Die Einschränkungen stoppen
Wir fordern daher die politisch Verantwortlichen dazu auf, Abstand von den bisherigen populistischen Plänen zu nehmen! Die Vereine sind gefordert, sich vernehmbar vor ihre Fans zu stellen: Macht deutlich, dass die Rechte von Fans zu wichtig sind, um als Verhandlungsmasse zu dienen!
Machen wir alle zusammen klar: Nicht mit uns! Fußball gehört den Fans! Macht eigene Protestaktionen, schreibt Abgeordneten und achtet auf Ankündigungen für koordinierten und unüberhörbaren Protest!
